Mit dem Bücherbus durchs Grenzland -dieser spannenden Aufgabe stellt sich Journalistin Ulrike Werner für eine Reportage des NDRs. In der deutschen Grenzregion begleitet sie den dänischen Bücherbus, in der aktuellen Folge der Reportage fährt sie mit unserer Bücherbuskollegin Ursula Krämer durch Nordschleswig, von Apenrade nach Rapstedt, Bülderup und Lügumkloster. Das Zweikulturen-Leben der Region, die Zwei-bzw. Dreisprachigkeit schon bei den Kindern wird bei den Besuchen bei den Lesern deutlich.
Gerade beliefert Ursula Krämer die Kunden mit ihrem Auto. So sieht dann ihr vollgepackter Kofferraum aus. Foto: privat
Die Büchereien sind aufgrund geltender Corona-Restriktionen geschlossen. Die Fahrbüchereien der Deutschen Zentralbücherei Apenrade bringen die Bücher trotzdem zu ihren Kunden.
Die deutschen Büchereien in Nordschleswig haben Standorte in Tingleff (Tinglev), Sonderburg (Sønderborg), Tondern (Tønder), Hadersleben (Haderslev) und Apenrade. Zusätzlich sind sie aber auch mobil. Es gibt nämlich zwei Fahrbüchereien. Und diese Busse beliefern Leser und Leserinnen in ganz Nordschleswig. In der Corona-Zeit ist das wichtiger denn je.
„Wir fahren Leser an, die weiter als fünf Kilometer von einer stationären Bücherei entfernt wohnen. Damit auch sie die Chance haben, in eine kleine Bücherei zu kommen und sich Sachen auszuleihen“, sagt Bücherbus-Fahrerin Ursula Krämer. Circa sechs Wochen sind die Bücherbusse dann unterwegs, bis alle Stationen beliefert worden sind.
Ursula Krämer befährt momentan 229 Stationen. Sie steuert sowohl Familien an als auch ältere Leute – die Leserschaft ist bunt gemischt. „Meine älteste Leserin ist vergangenen Freitag 95 geworden“, erzählt sie.
Wir Bücherbusse sind in der deutschen Minderheit auch dazu da, um den Zusammenhalt zu stärken. Ursula Krämer
In der Regel können sich die Leser im Bücherbus umschauen und sich dann aussuchen, was sie mitnehmen wollen. Unter Corona-Bedingungen ist auch hier alles anders: „Im Moment rufen mein Kollege Matthias (Zwirner, d. Red.) und ich unsere Leser an und fragen dann, ob sie gerade Medien brauchen. Dann packen wir Tüten und fahren diese zu ihnen nach Hause.“
Die Nachfrage nach Medien ist laut Ursula Krämer weder stark angestiegen noch gesunken: „Einige lesen viel mehr, andere haben jetzt auch Zeit für andere Hobbys gefunden und lesen dadurch nicht mehr so viel.“
Jeder Leser besitzt eine persönliche Siegelnummer, die immer in ein ausgeliehenes Buch reingeschrieben wird. So kann es beim Tütenpacken nicht passieren, dass jemand dasselbe Buch zweimal erhält. Foto: Karin Riggelsen
Seit Anfang Januar haben die Bücherbusse schon 177 Tüten mit etwa 2.000 Medien ausgeliefert. Von Büchern über Zeitschriften und Magazinen bis hin zu CDs und DVDs war alles dabei.
(Korrektur des Artikels: Diese Zahlen beziehen sich nur auf Ursulas Bücherbus, nicht auf beide Bücherbusse)
Besonders jetzt freuen sich Leser und Leserinnen, wenn die Bücherbusse zu Besuch kommen. „Wir Bücherbusse sind in der deutschen Minderheit auch dazu da, um den Zusammenhalt zu stärken. Es kommen hier sehr viele Gespräche zustande. Wenn die Tür zu ist, dann erzählen die Leute einfach. Die Nachfrage nach Kommunikation ist auf jeden Fall gestiegen“, berichtet die Mitarbeiterin der Deutschen Büchereien.
Die Bücherbus-Fahrerin merke außerdem, wie wichtig der Kontakt zu den Lesern, gerade in dieser doch außergewöhnlichen Zeit, wirklich ist. „Viele waren einfach glücklich darüber, dass ich auch mal nachgefragt habe, wie es ihnen geht. Ich versuche bei jedem Gespräch, dass wir mindestens einmal zusammen lachen können“, erzählt Krämer.
Ursula Krämer liebt den Kontakt mit ihren Kunden und hofft, dass sie diese bald wieder im Bücherbus begrüßen darf. Foto: Karin Riggelsen
Circa 2.500 Medien befinden sich gerade in Ursula Krämers Bücherbus. Der Grundbestand an Büchern wird dabei immer mal wieder aufgefrischt. „Wir haben ein bestimmtes Budget, was wir ausgeben können, und davon kaufe ich dann Bücher speziell für den Bücherbus, von denen ich denke, dass meine Leser sich für sie interessieren könnten.“
Das Einzigartige am System der Fahrbücherei der deutschen Minderheit ist, dass die Mitarbeiter direkt auf den Hof ihrer Leser und Leserinnen fahren. „Wir freuen uns auf den Moment, wenn es wieder richtig losgehen kann. Auch wenn noch nicht alle wieder in den Bus hereinkommen können. Ich würde dann vielleicht auch einen Tisch und zwei Stühle einpacken, sodass man vielleicht mit Abstand draußen ein bisschen schnacken kann“, sagt Krämer.
Ursula Krämer zitiert eine Leserin: „Das Bücherregal und der Kühlschrank, wenn das voll ist, dann gehts mir gut.“
Neue Nutzer sind laut Krämer immer willkommen. Anmelden können sich Interessierte bei den Fahrbüchereien selbst oder bei der Zentralbücherei Apenrade. Beide Telefonnummern sind auf der Webseite der Deutschen Büchereien Nordschleswig zu finden.
Überraschung am frühen Morgen: Nicht, wie auf dem obigen Foto vor dem Kindergarten Rapstedt (Archivfoto Nordschleswiger), sondern vor der Bücherei in Tingleff stand ein großer Bücherbus, als die Kinder des Kindergartens zum wöchentlichen Bilderbuchkino kamen.
Der Bus musste gleich angeschaut werden.
Erstaunlich, wieviele Kinder in einen Bus passen.
Die großen Jungen fanden die Fahrerkabine spannend. Ein, zwei Mal wurde auf die Hupe gedrückt. „Darf ich auch mal fahren?“ fragte einer der Mutigen. „Lieber nicht“, kam die trockene Antwort unserer Bücherbus- Kollegin Ursula, die weiter musste zum ersten Termin in der Schule.
Ohne Probleme krabbelten die Kinder aus dem Bus und kamen herein zum Bilderbuchkino.
Der skandinavische Norden ist ihm ans Herz gewachsen, davon konnten sich die Zuhörer dieses Jahr überzeugen, als Matthias, unser Bücherbusfahrer, von seinen Reisen nach Lappland erzählte. Und auch in seiner Buchempfehlung spiegelt sich seine Affinität zu Finnland und Schweden wider.
Der finnische Autor Miika Nousiainen ist „Verrückt nach Schweden„.
Der Finne Mikko Virtanen ist seit seiner Kindheit überzeugt davon, dass in Schweden alles besser ist, angefangen von der Politik bis zur Erziehung. Er setzt alles daran, statt eines griesgrämigen Finnen ein fröhlicher Schwede zu werden: er lernt Schwedisch, liest nur noch die schwedischen Tageszeitungen und macht mit schwedischen Familien in Thailand Urlaub. Aber so leicht ist es nicht, die Nationalität zu wechseln.
Durch Zufall trifft er auf den lebensmüden Schweden Mikael, der ihm gerne nach seinem Ableben seine Identität vermachen will. Mikko ergreift die einmalige Chance und wird zu Mikael.
„Eine herrliche skurrile Komödie mit viel schwarzem Humor“, findet Matthias, wenn man ein klein wenig skandinavisches Hintergrundwissen hat. Erst 100 Jahre ist es her, dass Finnland unabhängig wurde. Jahrhundertelang war das Land durch Schweden und Russland besetzt. Ein kleiner Artikel des Deutschlandfunks fasst die Situation zusammen. Nie würde es einem Finnen einfallen, Schwede werden zu wollen.
„Sehr leicht wegzulesen – ein lustiges Buch!“ so das Urteil von Matthias.
Auch nach Ausflugszielen braucht man ihn nicht lange zu fragen, kommt er doch mit Bücherbus und auch Wanderstiefeln durch die Lande.
Eine kleine, beschauliche Route führt rund um die Insel Kalvø. Eingebettet in der Genner Bucht nördlich von Apenrade kann man auf einem Wanderweg einmal um die Insel gehen. Der Weg ist behindertengerecht, die Strecke dauert ungefähr 30 Minuten.
Wer etwas länger gehen möchte, sollte sich aufmachen zumNydamstien.
Ein guter Ausgangspunkt ist das Schloß Sandberg (Sandbjerg Gods), das einige Kilometer nordwestlich von Sonderburg liegt. Das ehemalige Gutshaus gehört heute der Aarhus Universität und wird als Tagungszentrum genutzt. Von hier aus folgt man dem Alssund und durch den Sottruper Wald, eine 7 Kilometer lange Route, die von Steilküste, Wald, historischen Stätten (Nydam-Boot), Wasser und Weite viel zu bieten hat. Sie ist nicht behindertengerecht.
Auf der gegenüberliegenden Seite des Alssunds liegt die Halbinsel Kær, an deren Spitze der 4 Kilometer lange Arnkilsøre-Wanderweg einlädt, durch Naturschutzgebiet und an der Steilküste zu wandern.
Und so könnte Matthias beibleiben, schöne Ausflugsziele aus dem Ärmel zu schütteln…..
Wie funktioniert das eigentlich mit dem Bücherbus? Wie sieht die Arbeit der Bücherbus-Kollegin aus? Woher weiss sie, welche Bücher sie für ihre Leser mit dabei haben muss? Kostet das was? Fragen über Fragen, die Ursula den interessierten ZuhörerInnen beantworten konnte, gekrönt mit einem Besuch im Bücherbus.
Ilka Jankiewicz, Familienberaterin, Sandra Rehse, Leiterin Club Lügumkloster, und Ursula Krämer, Bücherbusbibliothekarin. Foto: K. Jens
Einen Tag lang fuhr Kerrin Jens vom Nordschleswiger im Bücherbus von Ursula Krämer mit und erlebte den abwechslungsreichen Berufsalltag auf vier Rädern. Von Hof zu Hof, von Haus zu Haus fährt Ursula und versorgt diejenigen, die zu weit von einer Bücherei entfernt wohnen, mit Literatur, Hör-CDs, Zeitschriften und Filmen. Dabei geht ihr Engagement weit über das „Buchabliefern“ hinaus, oft ist bei dem Besuch ein offenes Ohr gefragt. Ganz wichtig ist Ursula deshalb die Zusammenarbeit mit dem Sozialdienst.
Ursula vom Bücherbus war letzten Freitag zu Besuch im Kindergarten zum zweiten Teil des Märchenprojekts. (Teil 1 fand bei uns in der Bücherei statt)
„Die drei kleinen Schweinchen“ standen auf dem Programm für die Kleinsten im Kindergarten. Ursula hatte Handpuppen mitgebracht, mit denen zusammen kräftig gepustet wurde, um das Häuschen zum Wackeln zu bringen.
Gespannt lauschten die Kinder danach dem Märchen.
Für das Kamishibai-Theater ist überall Platz!
Es ist immer schön, vom Bücherbus Besuch zu bekommen – besonders aber, wenn eine Geschichte erzählt wird.
Gerne mal wieder, so die einhellige Meinung aller!
Wer heute den Nordschleswiger in die Hand genommen hat, hat sich sicher über die ungewohnte Dicke der Freitagsausgabe gewundert:
Heute mit Beilage!
Und wen wundert es, wenn beim Beilagenthema „Deutsch“ auch die Bücherei zu Wort kommt? Was geht in den „dunklen“ Kellergewölben der Zentralbücherei vor sich? Wer es bei der „Langen Nacht der Bücherei“ nicht gesehen hat, kann es jetzt im Artikel nachlesen – und auf unsere netten Kollegin Gitta Kristensen und die beiden weit herumkommenden“Bücherbusler“ treffen.
Nicht alles soll verraten werden. Wer wissen möchte, welche Schriftsteller Büchereidirektorin Claudia Knauer am liebsten liest und welche Ideen sie aus der neuen Aarhuser Bücherei DOKK1 mitgebracht hat, wie Karin Warm an der Deutschen Nachschule den dänischen Schülern richtiges Deutsch beibringt, welche sprachlichen Stolperfallen es für eine versierte Redakteurin gibt und und und, dem kann nur die Lektüre der Beilage ans Herz gelegt werden!
Und wer sie nicht im Zeitungsabonnement bekommt, kann sie in einer unserer Büchereien lesen!
Sicher habt ihr einen unserer zwei Bücherbusse schon auf den Straßen Nordschleswigs herumfahren sehen, unübersehbar, von Hof zu Hof, von Haus zu Haus. Von Rømø bis Nordalsen, von Vojens bis zur Grenze – ganz Nordschleswig wird im 7-8 wöchigen Turnus abgefahren.
Am Wochenende erschien ein ganzseitiger Artikel über einen unserer Bücherbus-FahrerInnen. Zum Nachlesen hier:
Nordschleswiger, 18.06.2016
Wollt ihr auch Besuch vom Bücherbus bekommen? Meldet euch in der Bücherei!